Ethische Dilemmasituationen in der Psychiatrie!?
Landestreffen am 19. Juni 2019 in Mainz
Der Landesverband nahm sich auch 2019 wieder eines nicht einfachen Themas an: Den Fragen nach ethischen Abwägungen und Entscheidungen, die sich tagtäglich stellen im Umgang mit psychisch erkrankten Menschen in der Familie, in der psychiatrischen Behandlung, in der sozialen Betreuung, im Justizwesen und vielen anderen Bereichen, wo sich Menschen qua Familienzugehörigkeit oder qua Amtes in der Verantwortung sehen. Solche Fragen stellen sich bereits, wenn es möglich ist, mit dem betroffenen Mensch gemeinsam Dinge zu entscheiden, aber erst recht, wenn über einen betroffenen Mensch und gegen dessen Willen Maßnahmen beschlossen werden (sollen) oder die oder der Betroffene auf Dauer nicht einwilligungsfähig ist.
Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von Ethikberatung im Gesundheitswesen sollte die Veranstaltung Einblicke verschaffen über bestehende ethische Standards, Richtlinien und Qualitätskriterien sowie ihre Umsetzung im psychiatrischen Geschehen.
Es zeigte sich: Im klinischen Bereich ist Ethikberatung organisatorisch verankert, wobei offen blieb, ob bzw. in welchem Umfang sie im Klinikalltag tatsächlich genutzt wird. Im ambulanten und komplementären Bereich ist eine Beratung in Ethikfragen strukturell bisher nicht vorhanden.
Es zeigte sich weiter: Wir als Angehörige, die sich immer wieder mit drängenden ethischen Fragen im Umgang mit ihrem erkrankten Familiemitglied plagen, finden keine Anlaufstelle, die für solche Themen zuständig ist oder sich zuständig fühlt. Abgesehen von nicht vorhandenen Strukturen wurden – wieder einmal – Schweigepflicht und Datenschutz als Hürden angeführt; inakzeptabel für Angehörige, da es bei diesen Fragen um ihre eigenen – mitunter schwerwiegenden – Dilemmata geht, nicht um Informationen über die bzw. den Erkrankte/n oder deren Gesundheitszustand.
Die Referate:
Dr. Jakov Gather M.A.
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, Klinik der Ruhr-Universität Bochum und
Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin, Ruhr-Universität Bochum
„Gibt es ethische Dilemmasituationen in der Psychiatrie und wenn ja, wie kann man sie lösen?“
Dr. Klaus Obert
Bereichsleitung beim Caritasverband für Stuttgart e. V. und
stellvertr. Vorsitzender der BAG Gemeindepsychiatrischer Verbünde e. V. Bonn
„Was unternimmt die Gemeindepsychiatrie um ethische Dilemmasituationen zu erkennen und aufzulösen?“
Andrea Melville-Drewes
Psychologische Psychotherapeutin
Leiterin der Abteilung Sozialpsychiatrie des Gesundheitsamtes Düsseldorf
„Wie wird Ethik in der Praxis umgesetzt?“
Diskussionsrunde:
Bei der Tagung war viel Raum für Publikumsfragen. Dabei wurden einige der in den Referaten angesprochenen Aspekte aufgegriffen und mit konkreten Beispielen aus der Praxis vertieft.
Moderation:
Die Tagung und die Diskussionsrunde wurde moderiert von Claire Butgereit
Veranstalter:
Landesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen in Rheinland-Pfalz e.V.
Die Veranstaltung wurde gefördert von der BARMER.
Protokoll der Tagung herunterladen
veröffentlicht am 20. März 2020 unter Landestreffen.